Auswahl des richtigen Wärmeleitmaterials: Paste, Pad oder Folie

Auswahl des richtigen Wärmeleitmaterials: Paste, Pad oder Folie

Auswahl des richtigen Wärmeleitmaterials

Die Kenntnisse über die Anforderungen Ihrer Anwendung sind
der Schlüssel zur Auswahl der korrekten Wärmeleitmaterialien

Wenn es um die Auswahl des korrekten Wärmematerials kommt, sind sich viele Menschen unsicher, auf was genau sie achten müssen. In diesem Beitrag möchten wir Ihnen alles Wesentliche zum Thema Wärmematerialien – TIM für den englischen Begriff Thermal Interface Material – an die Hand geben.
Sobald die Leistung der Komponenten zunimmt, steigt entsprechend auch der Kühlbedarf. Als Faustregel gilt, dass sich die Ausfallrate mit jedem Anstieg der Sperrschichttemperatur um 10 ° C dupliziert. Dies hat zur Folge, dass die Wärme der Bauteile an den Strom der Umgebungsluft abgeleitet werden muss.
Die Nachfrage ist groß, so dass eine Vielzahl an neuen Wärmemanagementsystemen entwickelt wurde. Diese verwenden fast alle immer noch thermische Grenzflächenmaterialien (TIMS), die den effektiven Wärmefluss über die passenden Grenzflächen von Kühlsystemen ermöglichen sollen.
Die Hauptaufgabe von TIMs ist, eine effektive Wärmeübertragung auf Ableitvorrichtungen wie Kühlkörper oder Verteiler zu garantieren. Während die Wärme fließt, stößt sie immer wieder auf Widerstände, die die Gesamtwärmeübertragung erschweren und behindern. TIMs helfen dabei, den problematischsten Widerstand zu überwinden. Die Rede ist vom Kontaktwiderstand zwischen den Gegenstücken (Wärmequelle-Kühlkörper).
Denn Luftspalte reduzieren den Wärmefluss von der heißen Komponente in die kühle Komponente in großem Maße. Effektives TIM ersetzt die bestehenden Lücken, die durch die nicht glatten Passflächen entstehen. Dies geschieht mit Hilfe von speziellem Material, dessen Wärmeleitfähigkeit wesentlich größer ist als die von Luft. Hierbei wird die schlechte Leitung von Punktkontakten und Luft durch eine deutlich verbesserte Leitung durch Feststoffe ersetzt.
Bei den meisten TIMs handelt es sich um Verbundwerkstoffe auf Polymerbasis. Diese sind mit Füllstoffpartikeln gefüllt, welche wärmeleitend sind. Die gängigen Füllstoffe sind Aluminiumoxid, Bornitrid, Aluminiumnitrid und Magnesiumoxid. Wenn keine galvanische Trennung erforderlich ist, können auch Metallfüllstoffe wie Silber verwendet werden. Damit der Kontaktwiderstand reduziert werden kann, ist ein gewisses Maß an Druck zwischen den Schnittstellen erforderlich. Dieser Druck komprimiert dann die Füllstoffpartikel und lässt das Material in die Oberflächenunregelmäßigkeiten fließen. Sobald das Material an Ort und Stelle ist, umfasst der effektive Wärmewiderstand eines TIM den Volumenwiderstand des Materials und den Kontaktwiderstand zwischen dem TIM und seinen Schnittflächen.

Probleme der Anwendung für thermische Schnittstellenmaterialien

Obwohl thermische Grenzflächen und TIMs typischerweise bereits im Entwurfsprozess berücksichtigt werden, sollte man dann bei der tatsächlichen Auswahl des thermischen Grenzflächenmaterials einige spezielle Faktoren einbeziehen:

  • Die wichtigste Spezifikation ist ganz sicher die thermische Impedanz, welche in Grad Kin2 / W gemessen wird. Es handelt sich hierbei um ein anwendungsspezifisches Maß für das Verhältnis
    der Temperaturdifferenz zwischen zwei Passflächen zum stationären Wärmefluss durch diese Flächen. Durch den zusätzlichen Montagedruck und die Größe der Fläche nimmt die
    thermische Impedanz typischerweise ab, während sie mit der Dicke der TIM zunimmt.
  • Die Fähigkeit eines Materials, die Wärme unabhängig von seiner Dicke zu leiten, wird alsWärmeleitfähigkeit bezeichnet und in W / mK gemessen. Mit den Werten der Wärmeleitfähigkeit können TIMs zwar verglichen werden, allerdings sagt dieser Wert nichts darüber aus, wie gut die Fähigkeit des Materials bei der Minimierung des Kontaktwiderstands ist.
  • Wichtig ist auch der Abstand (Spaltraum) zwischen Wärmequelle und Wärmeverteiler. Im Normalfall ist es umso besser, je dünner das TIM ist. Allerdings sind die Schnittstellen nie perfekt, so dass eine minimale Materialstärke erforderlich ist, um die Unregelmäßigkeiten auszugleichen.
  • Um die Materialart auszuwählen, ist die Oberflächenebenheit der Schnittflächen ein entscheidender Faktor. Sind z.B. beide Oberflächen glatt, sind Fett oder dünne Filme eine sehr gute Option – allerdings ist dies selten der Fall. Denn Kunststoff-ICs sind in der Regel konkav in der Mitte. Ist nun der Kühlkörper sehr glatt, ist die Kontaktfläche, vor allem am Rand, reduziert. Hierdurch bleibt in der Mitte eine Lufttasche.
  • Manchmal ist eine elektrische Isolation, gemessen in kV, nötig. TIMs, welche eine Silikonbasis haben, besitzen diese Eigenschaft gemeinsam mit dickeren Materialien wie Wärmeleitpads (Gap filler).
    Dünnere Phasenwechselmaterialien und Fette sind hingegen nicht unbedingt zuverlässige elektrische Isolatoren. Grafit ist seinerseits elektrisch leitend.
  • Wenn man mit unregelmäßigen Oberflächen arbeitet, ist die Komprimierbarkeit ein entscheidender Faktor. Ein gutes Beispiel ist, wenn man eine ganze Reihe von Bauteilen abdecken möchte. Wird beispielsweise auf ein TIM auf Silikonbasis Wärme und Überdruck ausgeübt, so kann es dazu kommen, dass Silikon entweicht und an der Leiterplatte entlang wandert. Ist der Druck nicht ausreichend, kommt es zu einem übermäßigen Wärmewiderstand an der Grenzfläche.
  • Wichtig ist auch der Temperaturbereich in der das Material verwendet werden kann. So können TIMs auf Silikonbasis höheren Temperaturen ausgesetzt werden als silikonfreie Optionen.
  • Für die meisten Anwendungsbereiche der TIM ist die UL-Flammenklassenbewertung erforderlich. Die Mehrzahl der zur Auswahl stehenden Materialien sind mit V0-Werten erhältlich, die den typischen Anforderungen gerecht werden.
  • Im Normalfall ist Silikon ein ausgezeichnetes thermisches Material mit einem hohen Temperaturbereich. Dennoch gibt es Bereiche, in denen auf silikonfreie Varianten zurückgegriffen werden muss. So ist der Einsatz von Silikon im Weltraum aufgrund von Ausgasung beispielsweise nicht möglich.
  • Achten sollte man auch auf eine einfache Anwendung. Denn immerhin ist die Art der Befestigung eine klare Kosten- und Leistungsentscheidung. So sind z.B. kleine Kühlkörper in der Regel einfach mit einem doppelseitigen Wärmeleitklebeband befestigt, während größere Kühlkörper zusätzliche Montageteile erfordern. Klebstoffe können je nach Bedarf auf beide oder eine Seite des thermischen Materials aufgebracht werden. Beachtet werden sollte hier, dass mit jeder Klebstoffschicht die thermische Impedanz erhöht wird.
  • Fragen sollte man sich auch, wie einfach es ist, mit den gewählten Materialien in einer Fertigungsumgebung umzugehen. Können die Materialien einfach nachbearbeitet werden, wenn z.B. der Kühlkörper entfernt werden muss? Phasenwechselmaterialien und Wärmeleitpaste müssen komplett ersetzt werden, während einige Wärmeleitpads wiederverwendet werden können.
  • Und schließlich sollte auch die Langzeitstabilität des Materials berücksichtig werden. Diese hängt von Faktoren wie Gebrauchstemperatur, Zeit, Anwendung und Materialeigenschaften ab.

Optionen für thermisches Schnittstellenmaterial

Phasenwechsel-Materialien (PCM – von englisch: Phase Change Materials)

Das Besondere an Phasenwechselmaterialien (PCMs) ist, dass diese unter Anwendung von Wärme vom Betriebsprozessor und leichtem Klemmdruck einen Übergang durchlaufen – und zwar von einer festen zu einer halbfesten Phase. Die halbfeste Phase hat dabei die Eigenschaft, sich sehr leicht an beide Oberflächen anzupassen. Die Fähigkeit zur vollständigen Ausfüllung der Grenzflächenluftspalte und Oberflächenhohlräume unter leichtem Klemmdruck ermöglicht diesem Material eine Leistung, die der der  Wärmeleitpaste entspricht.
PCMs ist dabei sehr viel weniger flüssig als Fett. Allerdings enthalten PCMs Wachse und in dem Moment, in dem die Einschmelztemperatur erreicht ist, können die PCMs aus engen Bereichen herausfließen.

Zum Glück basieren vor Kurzem eingeführte PCMs nicht mehr auf Wachs und tropfen daher nicht. PCMs sind bei normaler Raumtemperatur sehr einfach zu handhaben, da sie fest sind. Dies bietet mehr Kontrolle beim Aufbringen der festen Pads auf die Kühlkörperoberfläche. Viele Phasenwechselpads stellen eine sehr beständige Klebeverbindung zwischen Kühlkörper und Prozessor her. Deshalb muss man bei der Entfernung des Kühlkörpers vom Prozessor behutsam vorgehen. Normalerweise hilft eine kleinen Drehbewegung bei der Entfernung. Sollte man eine zu starke Kraft anwenden, kann der Prozessor beschädigt werden.

Wärmeleitpaste

Bei Wärmeleitpasten handelt es sich normalerweise um Silikon, welches mit wärmeleitenden Füllern bereichert ist. Eine Aushärtung ist in der Regel nicht nötig und sie können fließen und sich den Schnittstellen hervorragend anpassen. Die thermischen Schnittstellen sind problemlos nachbearbeitbar. Es muss allerdings sichergestellt werden, dass vor der Installation des Kühlkörpers genügend Paste oder Fett aufgetragen wurde. Zu wenig Fett kann Lücken zwischen Kühlkörper und Prozessor zur Folge haben. Aber auch zu viel Fett kann auf der anderen Seite ebenfalls kontraproduktiv sein, da dies zu Luftspalten und Leckagen außerhalb der Schnittstelle führen kann. Zu beachten gilt auch, dass sich bei längerem Betrieb und generell im Laufe der Zeit, einige Fette verschlechtern oder austrocknen können. Dies wirkt sich natürlich negativ auf die Wärmeübertragungsleistung aus. Wärmeleitpasten als Grenzflächenmaterialien (TIM) sind dennoch die
erste Wahl in Anwendungen mit Hochleistungsprozessoren – trotz der oben genannten Nachteile. Dies liegt vor allem daran, dass die Wärmeleitfähigkeit von thermischen Fetten in der Größenordnung von 10 W / mK angesiedelt ist, was anderen TIMs klar überlegen ist.

Gap filler

Eines der größten Marktsegmente der TIMs sind Gap filler. Diese können in verschiedenen Stärken geliefert werden. Diese effizienten, weichen und hoch wärmeleitenden Materialien können Lücken bis zu 15 mm abdecken. Die praktischen Gap filler können mehrere Bauteile von unterschiedlicher Höhe abdecken und die Wärme dann in einen gemeinsamen Wärmeverteiler weiterleiten. Diese Pads werden gerne und oft verwendet, wenn niedrige Kompressionskräfte erforderlich sind. Die relativ hohe Kompressibilität ist somit ein wichtiges Merkmal dieser Art von TIMs. Die Spaltfüller können zudem individuell geformt werden und insbesondere die neue Formin-Place-Gap-Filler-Verbindungen sind eine beliebte Option für die Automatisierung großer
Volumina.

Wärmeleitfolien

Wärmeleitfolien erledigen nicht nur die Wärmeübertragung, sondern bieten auch elektrische Isolation. Was die Reißfestigkeit und Durchstoßfertigkeit angeht, so bieten die thermischen Folien eine ausgezeichnete Beständigkeit. In diese Kategorie fallen silikonhaltige und silikonfreie (z. B. mit Keramik gefülltes Polyurethan) Wärmeleitfolien und Graphitmaterialien. Das Spektrum an Wärmeleitfähigkeiten und auch an Preisklassen ist breit, so dass jeder eine gute Lösung finden kann.

Gap Pads

Wärmeleitpads bestehen in der Regel aus dem Formen von unverstärktem Silikon mit leitfähigen Füllstoffen. Bei Verstärkungen für Wärmeleitpads handelt es sich typischerweise um gewebtes Glas, Metallfolien oder Polymerfilme. Die praktischen Wärmeleitpads werden normalerweise in verschiedenen Größen vorgeschnitten, um Komponenten unterschiedlicher Größe aufnehmen zu können. Was die Leitung angeht, sind Phasenwechselmaterialien und Wärmeleitpaste zwar klar überlegen, allerdings haben die Wärmeleitpads den Vorteil, dass sie für Anwendungen mit einer geringeren Kühlanforderung eine preiswerte und bequeme Option darstellen.

Graphitfolien

Bereits seit langem wird diese kostengünstige Option eingesetzt. Die Folien sind elektrisch leitend und sind bei sehr hohen Temperaturen bis zu 500 ºC gut einsetzbar. Manche Anbieter richten die Fasern horizontal aus. Dies hat sehr unterschiedliche Wärmeleitfähigkeitsmessungen zur Folge. So gibt es Material, dass auf der x-Achse mit 7,0 W / mK und auf der y-z-Achse mit 150,0 W / mK aufweist – ein deutlicher Unterschied.

Doppelseitige Wärmeleit-Klebbänder

Ein thermisches Klebeband kann aus einem fein gewebten, nickelbeschichtetem Kupfernetz bestehen, das sich eng an unregelmäßige Montageflächen anpasst. Zur Befestigung von kleinen Kühlkörpern an Komponenten werden sehr häufig wärmeleitende doppelseitige Klebebänder aus PSA verwendet. Wichtige Faktoren sind hier die Abziehfestigkeit, die Überlappungs- und Stanzscherfestigkeit, die Haltekraft und der Wärmewiderstand. Was die Leistungsfähigkeit in Sachen Wärmeleitung der doppelseitigen Klebebänder angeht, so liegt diese im mittleren Bereich. Man erspart sich zwar zusätzliche Montageteile, allerdings haben die Bänder Probleme mit unregelmäßigen Flächen der Bauteile und sind deshalb nur begrenzt einsetzbar. So sind Kunststoff-ICs typischerweise in der Mitte konkav und außerdem variieren die Kühlkörperoberflächen, wodurch Luftspalten in der Schnittstelle auftreten können.

Thermische Klebstoffe

Thermische Klebstoffe – auch Wärmeklebstoffe genannt – können sowohl Ein- als auch Zweikomponentensysteme sein. Diese sind mit leitfähigen Füllstoffen ausgestattet. Das Aufbringen erfolgt normalerweise durch Dosieren oder Schablonendruck. Eine Härtung des Klebstoffs ist nötig, um einen sichere Vernetzung des Polymers möglich zu machen, welche die Klebeeigenschaft bietet. Die Tatsache, dass die thermischen Klebstoffe eine strukturelle Unterstützung bieten und somit keine mechanische Klemmung nötig ist, ist sicherlich der größte Vorteil dieses TIM.

Thermische Gele

Gele sind ein ähnliches Material wie Fette, welches leicht vernetzt ist. Das Verhalten ist entsprechend ähnlich, wobei das Ausbluten des Materials reduziert wird.

TIMs aus Metall

Wärmeleitmaterialien aus Metall können in allen möglichen Formen hergestellt werden und sind aktuell nicht mehr auf die Anwendung mit Löten begrenzt. In zahlreichen Anwendungen sind die TIMs aus Metall sehr gut nachzubearbeiten und können außerdem problemlos recycelt werden.
In jüngerer Zeit ist der Bedarf an leistungsfähigen TIMs in speziellen Geräten, wie z.B. Leistungsverstärkern und IGBT-Modulen gestiegen, was die Hersteller dazu bewegt hat, andere Arten von Metall-TIMs zu erforschen.
Gute Beispiele sind: Flüssigmetalle, Phasenwechselmetalle und SMA-TIMs (Weichmetalllegierungen).
Am einfachsten zu verwenden ist sicherlich das weiche oder kompressible thermische Metallgrenzflächenmaterial (SMA-TIM). Metall-TIMs sind sehr wärmeleitend, zuverlässig und bei komprimierbaren Metallen leicht zu verwenden.

Neuerdings wurde auch ein Hybridmaterial entwickelt, welches auf der einen Seite aus einem wärmeleitenden Silikonfilm und auf der anderen Seite aus einem Kupferfilm besteht. Dieses Material ist vor allem zur Herstellung von flexiblen Schaltkreisen sowie zum Schutz vor EMI- und RFI-Rauschen hervorragend geeignet.

Fazit

Thermische Grenzflächen werden leider in der Entwurfsphase von Kühlsystemen häufig erst ziemlich spät beachtet. Dies ist ganz sicher nicht die beste Vorgehensweise. Denn schließlich stellen die TIMs ganz eindeutig einen entscheidenden Faktor für die Kosten des Wärmemanagement-Designs dar. Heutzutage ist typischerweise immer mehr überschüssige Wärme zu bewältigen, weswegen ganz eindeutig ein hoher Bedarf an leistungsstarken TIMs besteht.
Bei wohldurchdachter Verwendung, tragen thermische Grenzflächenmaterialien ganz sicher dazu bei die Größe von Kühlkörpern und den Bedarf an immer größeren Lüftern zu reduzieren. Zudem ist ein gutes TIM eine einfachere, schnellere und ganz klar kostengünstigere Option als das Wechseln der Kühlkörper oder der kompletten Neugestaltung des Gehäuses.

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